Kontakte hamstern 🐹

Über Business-Netwerke wie LinkedIn und Xing vernetzten sich Menschen und teilen Erfahrungen und Aktivitäten.

Ein Key-Account-Manager einer großen internationalen Personalberatung berichtete über ein Social-Media-Race seines Teams auf LinkedIn, in welchem die Mitglieder versuchten, möglichst viele Kontakte in einer definierten Zeit zu gewinnen. In knapp 9 Wochen gelang es dem 10-köpfigen Team knapp 6.000 neue Kontakte zu knüpfen, wie auf dem beiligenden Bild abgebildet.

Dieses Beispiel mittels harter KPIs, Vernetzung voranzutreiben, ist einige Überlegungen wert.

Ist ein KPI geeignet Netzwerkwachstum abzubilden?
Wachstum über die Entwicklung zugrundeliegender Zahlen zu messen, ist ein übliches Vorgehen unserer Wirtschaftswelt. Umsatz, Rendite, Kundenzahl, Umsatz/Kunde, Customer-Lifetime-Value sind nur einige Beispiele für eine Quantifizierung von Aktivitäten. Eine Entwicklung über die Zeit ist so nachvollziehbar und Fortschritt wird transparent.
Die Zu- und Abnahme der Anzahl der eigenen Kontakte zu beobachten ist sinnvoll, wenn aus zahlenmäßiger Reichweite auf den Wert des Netzwerks geschlossen werden kann, wie es im Vertrieb hier vermutlich der Fall ist.
Ob ein Vergleich der Anzahl von Netzwerkmitgliedern zwischen Personen sinnvoll ist, wie es hier Race abgebildet wird oder
ob die Entwicklung der Zahl der Kontakte in zwei Businessnetzwerken den tatsächlichen Netzwerkaktivitäten entspricht oder vielleicht um weitere (Offline-) Komponenten ergänzt werden sollte, stellen wir gern offen zur Diskussion.

Ist ein KPI geeignet Netzwerkqualität abzubilden?
Netzwerkqualität wurde im Kurzbericht der o.g. Teamentwicklung nicht thematisiert. Mit Blick auf das Aufgabenfeld des Teams im ersten Moment nachvollziehbar. Es geht im HR-Bereich vermutlich darum, Reichweite aufzubauen, um Informationen über Vakanzen, Veränderungen bzw. öffentliche Motivationen der in den Business-Netzwerken aktiven Netzwerkkontakte zu erhalten. Das Team klinkt sich so in vorhandene Netzwerke ein, da nicht nur Aktionen sondern auch Reaktionen der Kontakte über den LinkedIn-Newsfeed transparent werden.
Im Race findet keine Gewichtung und keine Priorisierung zwischen Kontakten statt.
Spannend zu erfahren wäre, ob die Kontakte in relevanten Branchen-Netzwerken geschlossen wurden,
ob die Beziehungen sehr locker oder belastbar sind, ob sie auf Vertauen basieren oder ehr einer Visitenkartensammlung eines Messebesuchs gleichen. Es ist schwer, Qualität im Netzwerk zu messen, da sich diese aus den beiden Beteiligten einer Beziehung sehr unterschiedlich ergeben kann und über die Zeit verändert.
Interessant wäre nun zu erfahren, ob und wenn ja wie sich das Team sich von „Masse“ zu „Klasse“ bewegt, um aus der Flut der Kontakte die wertvollen zu destillieren und dadurch effizient mit diesen zu arbeiten.

Ist ein SocialMediaRace geeignet, um ein Team effizienter zu machen?
Eine öffentliche Übersicht der Erfolge der Maßnahme zeigt sehr unterschiedliche Fortschritte der einzelnen Team-Mitglieder.
Die Spanne reicht von 30 neuen Kontakten zu 1600 neuen Verbindungen in den abgebildeten 9 Wochen.
Die hohe Differenz lässt darauf schließen, dass eine Übergabe der Kontakte zwischen den Team-Mitgliedern nur begrenzt stattfand und vermutlich auch wenig Know-How übertragen werden konnte, wie Teilnehmer neue Kontakte gewinnen.
Die Verteilung der Kontakte im Team ist sehr ungleich.
Wechselt der TopKollege mit den meisten Kontakten das Team oder den Arbeitgeber, gehen 1.600 neue Kontakte des Races verloren. Noch offensichtlicher wird die Ungleichverteilung in der Betrachtung des absoluten Wertes. Der TopKollege besitzt mehr als die Hälfte aller Kontakte des gesamten Teams.
Hier bestünde die Möglichkeit, die relevanten Kontakte im nächsten Schritt über eine Priorisierung zu sortieren und dann im Team zu teilen,
um so die Aktivität der Aktion für das Team noch wertvoller werden zu lassen.

Ist ein SocialMediaRace geeignet, um das Teambuilding zu fördern?
Wie geht es den Kollegen, die „nur“ 30 Kontakte gewonnen haben mit Blick auf den TopPerformer mit 1600? Warum ist im Wochenverlauf keine Vermittlung der Methodik des Kontaktgewinns zu erkennen? Ist geplant, Kontakte zu teilen und dadurch den Teamgedanken zu fördern, um so ggf. auch noch zurückliegende Kollegen in Ihrem Netzwerken zu stärken und so ggf. andere Netzwerkbereiche besser zu erschließen?

Das Race und die offene Kommunikation darüber sind erste mutige Schritte, Netzwerken im Team stärker zu verankern. Insgesamt ist es spannend, Einblick in die Aktion erhalten zu haben.

Was denkt Ihr dazu? Nutzt gern die Kommentare 🙂